400-Seiten-BuchHardy Grüne erzählt von der Liebe der Luxemburger zum Fußball

400-Seiten-Buch / Hardy Grüne erzählt von der Liebe der Luxemburger zum Fußball
Hardy Grüne bei seiner Buchpräsentation am Sonntag auf der „Grenz“ Foto: Editpress/Tania Feller

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Über ein Jahr lang beobachtete, recherchierte und schrieb Hardy Grüne. Herausgekommen sind 400 Seiten über die Geschichte und die Gegenwart des luxemburgischen Fußballs. Am Wochenende wurde das Buch „Luxemburg – Geschichte einer Fußball-Liebe“ vorgestellt. Wir haben uns mit dem Autor Hardy Grüne über seine Beweggründe und Eindrücke unterhalten.

Tageblatt: Herr Grüne, wann sind Sie zum ersten Mal auf die Idee gekommen, ein Buch über den Fußball in Luxemburg zu schreiben?

Hardy Grüne: Es ist ein Zufall gewesen. Ich mache viele Ländertouren mit dem Fahrrad. Da ich nicht so viel Zeit hatte, wollte ich mir ein kleineres Land anschauen. Meine Wahl ist auf Luxemburg gefallen, weil ich hier immer mal hin wollte. Ich bin zwei Wochen hier geblieben und habe so einiges gesehen. Zwischendurch habe ich mir ein Spiel der Jeunesse angesehen und dort die ersten Kontakte geknüpft. Es ein schöner Anfang und der passende Verein, um mit Fußball in Luxemburg angefangen. In Eischen habe ich später die Thüringer-Bräterin getroffen, die mir Geschichten aus den verrückten Zeiten des Vereins erzählt hat. Ursprünglich wollte ich nur ein paar Reportagen für das Zeitspiel-Magazin schreiben. Schnell ist daraus aber viel mehr geworden und mir wurde klar, dass es kein Buch über die Geschichte des luxemburgischen Fußballs gibt. Als Fußballhistoriker war mein Interesse dann natürlich sehr schnell geweckt. Dass es am Ende 400 Seiten werden, war aber nicht geplant.

Warum wurden es schlussendlich so viele Seiten?

Es gab sehr viele Geschichten zu erzählen. Und je mehr man ins Detail geht, desto mehr Informationen und Geschichten kommen zum Vorschein. Irgendwann musste ich Stopp sagen, sonst wären es doppelt so viele Seiten geworden. Entscheidend war für mich, dass sich die Zielgruppe verändert hat. Eigentlich wollte ich ja ein Buch für die deutschen Leser schreiben; als ich dann aber gemerkt habe, dass es ein solches Buch in Luxemburg noch nicht gibt, habe ich angefangen, die Geschichten für die luxemburgischen Leser zu schreiben. 

Sie haben ja schon sehr viel von der Fußballwelt gesehen. Gab es Dinge, die Sie in Luxemburg überrascht haben?

Schön und traurig zugleich ist, dass viele Menschen noch eine hohe Identifikation mit dem Verein haben. Diese ist aber eher in der Vergangenheit gelagert, denn diese Menschen haben Probleme mit der Gegenwart ihrer Vereine. Da sind wir dann auch bei einem der Probleme des luxemburgischen Fußballs. Ich nehme das Beispiel Hobscheid und Eischen. Beide Vereine haben eine spannende Geschichte. Aber gerade in Eischen ist meinem Gefühl nach die Identifikation mit dem neuen lokalen Fusionsverein Äischdall weg. Die Identifikation mit dem Verein muss wieder hergestellt werden, denn dieser Faktor hat den Fußball so stark gemacht. 

Warum ist Ihre Meinung nach die Identifikation abhandengekommen?

Es ist kein rein luxemburgisches Phänomen. Ich nehme das Beispiel FC Bayern Hof. Das war mal ein großer Verein in Deutschland, heute gehen zu den Spielen dieser Mannschaft noch 300 Leute hin. Wenn man aber über die Geschichte des Vereins mit den Leuten redet, dann blühen diese auf. Heute ist in Hof, aber auch in Luxemburg Bayern München beliebter als die lokalen Vereine. Das hat mit wirtschaftlicher Entwicklung, Medien und auch Mobilität zu tun. Früher war der Europapokal eine Riesenchance für Luxemburg. Die Spieler der Jeunesse konnten im Fernsehen gesehen werden. Dann wurde die Bundesliga übertragen und lief den lokalen Vereinen den Rang ab. Das ist aber eine Entwicklung, die in ganz Europa zu beobachten ist.

Wie kann diese Identifikation zum eigenen Verein wieder erschaffen werden?

Durch Identität. Wenn ich mir ein Bundesliga-Spiel anschaue, bin ich Zuschauer. An einer Partie zwischen Wiltz und Mondorf kann ich jedoch teilhaben. Damit die Vereine das wieder hinbekommen können, müssen die Mannschaften wieder einen lokaleren Bezug bekommen. Die Frage ist, wie man eine Mannschaft aufstellen kann, damit sich die Menschen wieder mit ihr identifizieren. Auf meiner Reise durch Luxemburg habe ich immer wieder gehört, dass den Zuschauern die Identität fehlt.

Würden die Menschen denn auch zu ihrem Verein gehen, wenn dieser mit nur lokalen Spielern jedes Spiel verlieren würde?

Ich denke, dass es genügend Talente in der Monnericher Fußballschule gibt, die später nicht Profi werden, aber das Potenzial haben, einen Klub aus der BGL Ligue zu verstärken. Deshalb ist es nicht unbedingt der Fall, dass man verliert, wenn man auf lokale Spieler setzt. Ich sehe es auch in Deutschland, dass es sinnvoll ist, regional zu arbeiten und die Talente aus dem Umkreis an den Verein zu binden. Auf den zentralen Positionen können die Vereine weiterhin gute Franzosen haben, aber man sollte immer ein paar Jungs aus der Region haben, damit sich die Leute mit der Mannschaft identifizieren können. Momentan und vor allem nach den vier nicht erteilten UEFA-Lizenzen liegt der nationale Vereinsfußball am Boden.

Eine harte Aussage.

Ja, aber international stimmt das schon. Aber man muss es natürlich relativieren. Wo ist der Boden von Luxemburg? National sind die Vereine in einer schwierigen Situation und international sind die Möglichkeiten begrenzt. In Albanien ist es ähnlich wie in Luxemburg. Alle Talente wechseln ins Ausland und in der einheimischen Liga stehen Moldawier oder Nigerianer unter Vertrag.

Man hat den Eindruck, dass Sie in den vergangenen Monaten auch eine große Liebe zu den „Roten Löwen“ aufgebaut haben.

Absolut. Ich habe geheult, als Luxemburg in den Play-offs gegen Georgien ausgeschieden ist, und über den Video Assistant Referee geflucht. Dieses Spiel war das perfekte Beispiel dafür, warum der VAR nicht für mehr Gerechtigkeit im Fußball sorgt. In solchen Momenten verliert man den Glauben an den Fußball. Ich hatte das Glück, dass ich genau in diesem Moment nach Luxemburg gekommen bin, als diese Euphorie angefangen hat. Ich konnte sehen, was diese Euphorie mit dem Land macht. Menschen, die seit 30 Jahren die Spiele der Nationalmannschaft anschauen, haben wir erzählt, dass sie sich noch immer nicht daran gewöhnt haben, so oft zu gewinnen. Mittlerweile herrscht das Gefühl vor, dass die Mannschaft es irgendwann zu einer Europa- oder Weltmeisterschaft schaffen kann. Und davon bin ich auch fest überzeugt.

Was ist hr nächstes Projekt?

Zwei Bücher von mir sind noch im Druck. Eines über Fußballwappen auf der Welt und ein anderes über 50 Jahre zweite Bundesliga. Das nächste Projekt für mich ist eine Fahrradreise durch Marokko. Im September komme ich an und fahre dann zweieinhalb bis drei Monate durch dieses Land. Ich werde bestimmt viele schöne Geschichten mitbringen.I

Das Buch

Alle Informationen über das Buch finden Sie auf der Homepage des Autors: www.hardy-gruene.de. Erhältlich ist es auch bei den Librairies Ernster, den k-Kiosken und bei der Librairie Diderich in Esch.