Tour de FranceMit leeren Händen nach Hause: Das Abschlusszeugnis von Bob Jungels und Kevin Geniets

Tour de France / Mit leeren Händen nach Hause: Das Abschlusszeugnis von Bob Jungels und Kevin Geniets
Kevin Geniets (links) und Bob Jungels haben die Tour de France 2024 beendet Fotos: Editpress/Anouk Flesch

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Bob Jungels und Kevin Geniets haben am Sonntag die Tour de France in Nice zu Ende gebracht. Beide zeigten ansprechende individuelle Leistungen, aber ihre Teams fuhren weit an ihren Zielen vorbei. Die Kapitäne beider Teams (David Gaudu bei Groupama-FDJ und Primoz Roglic bei Red Bull-Bora-hansgrohe) waren nicht in der Lage, ganz vorne mitzufahren, und auch einen Etappensieg verpassten die Mannschaften. Die Tageblatt-Analyse der Leistungen der beiden Luxemburger und deren Teams. 

Bob Jungels (Red Bull-Bora-hansgrohe/37. auf 2:29:05 Stunden):
Bob Jungels hat seinen Job bei der Tour de France erledigt. Er beendet seine sechste Tour de France als 37., zeigte in seiner Rolle als Helfer und Capitaine de Route aber durchaus ansprechende Leistungen. Zweimal schaffte er es in die Ausreißergruppe, doch die stärksten Fahrer ließen den Ausreißern in diesem Jahr kaum eine Chance. Als bestes Resultat steht für Jungels Platz 17 auf der 8. und 17. Etappe zu Buche. Doch viel wichtiger: Der 31-Jährige hat gezeigt, dass er einem Team bei der Tour noch weiterhelfen kann. 

Bob Jungels hat nun bereits sechs Mal die Tour de France beendet
Bob Jungels hat nun bereits sechs Mal die Tour de France beendet

„Wir waren alle höchst motiviert“, sagte Jungels am Sonntag nach dem abschließenden Zeitfahren in Nice RTL Telé Lëtzebuerg. „Der Sturz hat die Mannschaft mitgenommen, erst hat Aleks (Vlasov) aufgegeben, dann Primoz (Roglic). Das hat Durcheinander in die Mannschaft gebracht. Wir haben geschaut, dass wir uns in der letzten Woche finden, und wir haben das Beste daraus gemacht. Wir haben uns viel gezeigt, es war aber insgesamt keine Tour, bei der die Ausreißer viele Gelegenheiten zum Sieg bekamen. Wir stehen nicht mit ganz viel da, aber die Stimmung ist gut. Wir kamen mit einem anderen Ziel hierher, aber so ist das im Sport.“ 

Zufrieden kann die deutsche Mannschaft nicht sein. Bereits bei der Teamvorstellung im Januar in Palma wurde das Saisonziel unmissverständlich mitgeteilt: Alles soll im Jahr 2024 auf die Tour de France und Neuzugang Primoz Roglic ausgerichtet sein. Es wirkte, als gäbe es im Kalender des Teams kein anderes Rennen als die Grande Boucle. Doch die Bilanz nach der Tour de France fällt bei Red Bull-Bora-hansgrohe ernüchternd aus. Um es deutlicher zu belegen: Es ist die schlechteste Bilanz des Teams bei der Tour seit dem Aufstieg in die WorldTour 2017. 

Kein Etappensieg, kein Fahrer in den Top Ten: Nach zwei Stürzen stieg Roglic nach der 12. Etappe aus. Das Team hatte sich mit ihm zumindest eine Podestplatzierung in Nice zum Ziel gesetzt. Es sei „schwierig, wirkliche Lehren“ aus der Tour zu ziehen, sagte Teamchef Ralph Denk der FAZ. „Stürze wird es immer geben. Vielleicht kann man darüber diskutieren, ob man noch mehr Manpower braucht, stärkere Helfer, die Roglic noch besser beschützen, noch besser vorn halten“, kritisierte Denk das Team. Mit dem neuen Geldgeber Red Bull soll es „peu à peu in die richtige Richtung gehen, aber das geht nicht von heute auf morgen“, sagte Denk.

Doch die Wahrheit ist auch, dass Roglic vor seinem Ausstieg bereits 4:42 Minuten Rückstand auf Tadej Pogacar hatte. „Wir haben gesagt, dass wir die Tour mittelfristig gewinnen wollen. Aber uns ist natürlich auch bewusst, dass dies gegen diese außergewöhnlichen Fahrer sehr schwierig ist“, sagte Denk. Für „komplett unmöglich“ halte er es aber nicht. Ob Roglic dafür 2025 im Alter von dann 35 Jahren noch der richtige Kapitän ist, wollte Denk nicht beantworten. Der Teamchef richtet seinen Blick schon in die Zukunft. „Es wird Transfers geben. Es müssen Strukturveränderungen stattfinden. Und das steht jetzt an für die nächsten Wochen und Monate.“

Die Veränderungen sind dabei bereits in vollem Gange. Die deutschen Profis Emanuel Buchmann, der 2019 Vierter der Tour war, Maximilian Schachmann und Lennard Kämna verlassen das Team. Zuletzt gab es Gerüchte, dass Remco Evenepoel zum Team hinzustoßen soll. Mit dem Einstieg von Red Bull wollte das Team zur besten Mannschaft der Welt werden. Auch die Gerüchte um Jungels mehren sich. Der Luxemburger wird zunehmend mit Ineos Grenadiers in Verbindung gebracht. Der Vertrag von Jungels läuft bei Red Bull-Bora-hansgrohe in diesem Jahr aus. 

Kevin Geniets (Groupama-FDJ/58. auf 3:44:19 Stunden):

Immer wieder zeigte sich Geniets vorne, immer wieder versuchte er sich zu zeigen. Zweimal gelang der Sprung in die Fluchtgruppe. Vor allem auf der 20. Etappe war Geniets lange ganz vorne dabei. Auf der schweren Bergetappe hatte er den Kletterspezialisten aber am Ende nichts mehr entgegenzusetzen. Dennoch zeigt es, dass Geniets’ Körper auch in der dritten Woche einer Tour de France, die auf sehr hohem Niveau gefahren wurde, noch in der Lage ist, starke Leistungen zu bringen. 

Fuhr ein offensives Rennen: Kevin Geniets
Fuhr ein offensives Rennen: Kevin Geniets

Für Groupama-FDJ wurde bei der diesjährigen Tour schnell klar: Kapitän David Gaudu wird nicht um die Top-Platzierungen im Gesamtklassement fahren. Kurz vor dem Grand Départ in Florenz infizierte er sich mit dem Coronavirus, die körperliche Top-Verfassung war hin. Was nach der Tour bleibt: Die Mannschaft von Marc Madiot wartet seit fünf Jahren weiter auf einen Etappensieg bei der Tour. In der Gesamtwertung war Valentin Madouas als 25. der beste Fahrer seines Teams. 

Die französische Mannschaft schrieb selbst in ihrer Pressemitteilung: „Ein solider Abschluss, aber eine Tour, die den Ambitionen nicht gerecht wurde“. Strenger war die französische Zeitung L’Equipe: „Groupama-FDJ a réalisé un Tour de France fantomatique“. 

Doch ganz so gespenstisch war es nicht: Immer wieder zeigten sich die Fahrer des Teams in der Ausreißergruppe. „Wir haben es jeden Tag mit unseren Mitteln versucht und das Team hat nicht nachgelassen“, sagte Gaudu. „Wir haben nur eine einzige Ausreißergruppe verpasst, die von Troyes, aber in der Offensive haben wir uns nichts vorzuwerfen. Ich hoffe, dass wir stärker zurückkommen.“

Für Geniets gilt es, sich nun zu regenieren. Er wird bei der Vuelta an der Seite von Gaudu am 17. August starten. Tadej Pogacar und Jonas Vingegaard haben für die Spanien-Rundfahrt bereits abgesagt. Geniets und Groupama-FDJ werden es im nächsten Jahr sicherlich dann noch mal bei der Tour versuchen. Der Luxemburger hat noch Vertrag bis 2027 bei der französischen Mannschaft. 

Fazit

Bob Jungels und Kevin Geniets haben individuell starke Leistungen gezeigt. Großes Pech hatten sie und ihre Teams, dass ihre jeweiligen Kapitäne früh keine Rolle mehr im Gesamtklassement spielten. Geniets und Jungels nutzten dann aber ihre Chance und zeigten sich mehrmals ganz vorne. Am Ende ließen die stärksten Fahrer im Peloton ihnen aber keine Chance. Es mag hart klingen, aber letztendlich werden Profis vor allem an ihren Ergebnissen gemessen: Sowohl Groupama-FDJ als auch Red Bull-Bora-hansgrohe fahren mit leeren Händen nach Hause. Doch Geniets und Jungels haben eine weitere Grand-Tour in den Beinen, was auch für die Zukunft viel bringen kann. 

Grober J-P.
23. Juli 2024 - 15.14

Gar nicht so schlecht die Beiden und das ohne Apothekerhilfe!