LeichtathletikSauerbeen: Vom Freizeitläufer bis zur Olympiateilnehmerin

Leichtathletik / Sauerbeen: Vom Freizeitläufer bis zur Olympiateilnehmerin
Bei den „Sauerbeen“ können Hobbyläufer gemeinsam mit Olympiastarterin Vera Hoffmann trainieren Foto: Michel Logeling

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Wenn Vera Hoffmann am Dienstag in Paris an den Start geht, fiebern auch die „Sauerbeen“ mit ihrem prominentesten Mitglied mit. Gründer und Organisator dieser Laufgemeinschaft ist Celtic-Läufer Bob Bertemes, der viele verschiedene Athletenprofile trainiert und auch den typischen Freizeitläufer motivieren möchte, regelmäßig Sport zu treiben.

Der Name Bob Bertemes ist aus der luxemburgischen Leichtathletikszene nicht mehr wegzudenken. Dies nicht nur, weil zwei Athleten den identischen Namen tragen, sondern weil beide seit Jahren konstant mit ihren Leistungen überzeugten. Der Kugelstoßer Bob Bertemes bestritt in Paris den letzten internationalen Wettkampf seiner erfolgreichen Karriere, während sein Namensvetter als Mittel- und Langstreckenläufer zahlreiche nationale Rekorde brach. Letzterer baute sich jedoch neben seiner aktiven Karriere ein zweites Standbein mit den Sauerbeen auf und wird daher als Trainer von Vera Hoffmann ebenfalls bei den Olympischen Spielen vor Ort sein.

Dabei entstand diese Trainingsgruppe eher aus der Not und über Umwege. Nachdem Bertemes Ende 2020 plötzlich ohne Coach dastand, entschied er sich, selbst zu trainieren. Um aber „nicht alleine laufen zu müssen“, entstand eine erste Gruppe mit den Weicherding-Brüdern Gil und Charel. Als dann aber die für diesen Bereich zuständige Trainerin 2022 den Celtic Diekirch definitiv verließ, entstand ein Loch für die Mittel- und Langstreckenläufer, wodurch sich die Trainingsgruppe um Bertemes weiter vergrößerte, bis später die Sauerbeen ins Leben gerufen wurden. Der mittlerweile traditionelle Lauftreff für jedermann startet nun jeweils sonntags um 9.45 Uhr vor einem großen Sportgeschäft in Ingeldorf. „Niemand ist fehl am Platz, auch wenn einer eher acht Minuten pro Kilometer laufen möchte“, betont Bertemes, der auch Anfänger herzlich einlädt. Zu Beginn sei es schwierig gewesen, die Leute zu motivieren, doch mittlerweile beteiligen sich rund 50 bis 70 Läufer am sonntäglichen Treff.

50 bis 70 Läufer

Der Lauftreff kommt jeden Sonntag um 9.45 Uhr zusammen
Der Lauftreff kommt jeden Sonntag um 9.45 Uhr zusammen Foto: Michel Logeling

„Klassisch hören viele mit dem Sport auf, wenn sie zur Uni gehen, ihre erste Freundin oder Freund haben, oder lieber zu Partys gehen. Ich möchte daher wieder Leute zurückgewinnen, die von der Uni zurückkommen bzw. einen geregelten Arbeitsalltag haben, und dann anstatt für sich alleine in der Gruppe Sport treiben möchten“, erklärt der praktizierende Kinesiotherapeut, der daneben auch Trainingsprogramme für ambitionierte Athleten erstellt. Der Trainingsgruppe auf der Bahn gehören rund 30 bis 40 Athleten an, mit teils völlig unterschiedlichen Profilen, vom Marathon-Spezialisten über Mittelstreckenläufer bis hin zu Triathleten – und neuerdings eben auch einer Olympiateilnehmerin.

Wir haben sämtliche Ziele, die wir uns jeweils am Saisonanfang gesetzt haben, erfüllt oder gar übertroffen

Bob Bertemes

Seit Oktober 2022 betreut Bertemes nämlich ebenfalls seine langjährige Freundin Vera Hoffmann, die er im September heiraten wird. Trotz der speziellen Konstellation passt die Zusammenarbeit hervorragend: „Ich verfolge einen wissenschaftlichen Ansatz beim Gestalten der Trainings und mag das Bild der positiven Welle, auf der jeder mitsurfen kann. Vera ist total einverstanden mit der Methodik und wir stimmen uns natürlich ab. Wir streiten auch nie darüber, aber wir kommunizieren, wie wir Details anpassen können.“ Nachdem Hoffmann zuvor in einem Leistungsloch gesteckt hatte, versuchte Bertemes seiner Lebenspartnerin Freude am Training in einem positiven Umfeld zu vermitteln. Für den 30-Jährigen ist der Plan voll aufgegangen: „Die Ergebnisse sprechen für sich. Wir haben sämtliche Ziele, die wir uns jeweils am Saisonanfang gesetzt haben, erfüllt oder gar übertroffen. Vera war seither bei sämtlichen großen internationalen Events dabei.“

Dabei lässt es sich die 1.500-Meter-Spezialistin auch nicht nehmen, sonntags bei den Sauerbeen mit dabei zu sein. „Für die Freizeitläufer ist es toll, gemeinsam mit Vera zu trainieren. Vera läuft zwar ein größeres Volumen und eine andere Pace, aber die Leute sehen, dass sie ein ähnliches Training absolvieren können, und während der Pausen ist man nah beieinander“, so Bertemes, der nach einem Ermüdungsbruch im Frühjahr und wegen des Coachings seine persönlichen Ambitionen zurückstellen musste. Nach Olympia möchte der Celtic-Athlet aber auch wieder selbst als aktiver Sauerbeen-Läufer angreifen.


Sie sind Teil der Sauerbeen:

Luc Scheller

Der aktuelle Marathonmeister und Dritte beim diesjährigen ING-Marathon lobt die gute Stimmung in der Trainingsgruppe: „Bob ist immer engagiert und gut gelaunt. Daher bin ich motivierter, um meine Trainingseinheiten zu absolvieren. Für uns Athleten macht Vera die Gruppe wertvoller und es zeigt, dass wir effizient trainieren. Zudem ist das ein großer Erfolg für Bob als Trainer.

Luc Scheller
Luc Scheller Foto: Editpress/Jerry Gerard


Gil Weicherding

Der Spezialist über 3.000 Meter Hindernis bescheinigt Bertemes einen wissenschaftlichen Ansatz und einen unkomplizierten Austausch: „Bob ist immer erreichbar und kann daher mein Training auch kurzfristig anpassen. Er ist auch ein guter Freund und wir können uns auf Augenhöhe austauschen, ohne dass er es schlecht aufnimmt.“ Die Olympiateilnahme seiner Kollegin sieht der 23-Jährige als Zusatzmotivation: „Olympia war immer enorm weit weg. Mit Vera sieht man aber, dass es realistisch ist, sich zu qualifizieren.“

Gil Weicherding
Gil Weicherding Foto: Editpress/Luis Mangorrinha


Anne Reiser

Die Landesmeisterin über die Triathlon-Mitteldistanz lobt ebenfalls die gute Laune und die Professionalität von Bertemes: „Auch wenn Bob weniger Erfahrung im Triathlon-Bereich hat, macht er viele Recherchen und weiß gefühlt alles. Er ist ein hervorragender Motivator. Mit einer Olympiateilnehmerin zu trainieren, ist inspirierend und zugleich verrückt. Jetzt bin ich in Paris und werde Vera anfeuern.“

Anne Reiser
Anne Reiser Foto: Editpress/Julien Garroy


Laura Czekanovic

Für die Hobbyläuferin und -triathletin überwiegt der Zusammenhalt: „Der Ansporn ist die Motivation, aber auch die sozialen Kontakte. Ich habe über die Sauerbeen so viele Leute kennengelernt, die nun zum Freundeskreis gehören. Es ist cool, dass auch eine Olympionikin dabei ist, und ich finde es super, dass Vera sich trotz ihres intensiven Trainings Zeit nimmt, um mit uns zu laufen.“

Laura Czekanovic
Laura Czekanovic Foto: privat